Schatztruhe1swIst Griechenlands GDP-linked Bond Idee ein Denkfehler, ein Marketing-Gag oder nur ein Weg in eine noch höhere Staatsverschuldung?

Die Griechen warten dieser Tage immer wieder mit unorthodoxen Ideen auf. Not macht bekanntlich erfinderisch, und so kommt auch der Vorschlag, Staatsanleihen zu emittieren, die auf das BIP referenziert sind.

In aktuellen Publikationen wie etwa einem Artikel des Economist sowie einer Studie der Bank of England wird argumentiert, dass GDP Bonds in wirtschaftlich schwierigen Zeiten dem Emittenten helfen könnten, zu hohe Zinslasten zu vermeiden, sowie das Zinsniveau niedriger halten, da höhere Verschuldungsraten bis hin zu 200% des BIP akzeptabler würden.

Diese sogenannten GDP-linked Bonds würden folgendermaßen aussehen: Der Investor erhält zum Beispiel einen Fixzins von 5%, was dem aktuellen Finanzierungssatz des emittierenden Staates entspricht. Wächst das BIP jährlich um 5% oder mehr, so erhält der Investor einen Zins von 8%. Wächst das BIP allerdings nur um 2% oder weniger, erhält der Investor zum Beispiel nur noch 2% Zinsen.

Dieser Bond setzt sich finanzmathematisch aus einer fix verzinsten Anleihe sowie zwei Digitaloptionen zusammen. In unserem Beispiel ist der Investor die Anleihe mit einem Fixzins von 3% long. Der Investor kauft (ist long) einen digitalen Cap auf das BIP mit Strike 5% und Payoff 3%, und er verkauft (ist short) einen digitalen Floor auf das BIP mit Strike 2% und Payoff ebenfalls 3%.

Digitalstrukturen sind vor allem aus Retailemissionen von Banken bekannt und referenzieren dort auf Zinssätze, Wechselkurse oder Commodities. Der Investor erhält je nach Fixing des Referenzsatzes mehr oder weniger Zinsen auf seine Anleihe. Die emittierende Bank hingegen swappt sich auf Euribor oder ihren jeweiligen Libor. Sie ist nicht interessiert an dem Zins- oder Währungsrisiko, sondern nur am Funding. Die Bank schließt also im  Hintergrund mit einer Investmentbank einen Zinsswap ab, der den Fixzins sowie die beiden Digitaloptionen gegen den Euribor tauscht. Warum die Bank diese strukturierte Anleihe überhaupt emittiert? Weil Privatinvestoren die Struktur interessant finden und damit an einer bestimmten Marktmeinung partizipieren möchten. Zudem haben kleine Investoren in der Regel nicht die Möglichkeit, Digitaloptionen selbst einzukaufen.

Es gibt allerdings einen großen Unterschied zu Digitalstrukturen auf das BIP sowie auf Zinsen, Währungen oder Rohstoffe. Auf die liquidesten Rohstoffe sowie im Zins- und Währungsbereich in den Hauptwährungen gibt es für die gängigen Laufzeiten einen aktiven Optionsmarkt, und damit Volkurven, die eine Bewertung und damit eine Absicherung möglich und somit nicht allzu teuer machen. Auf das BIP eines Landes gibt es diese Optionen nicht.

Wie will der Investor also die Anleihe auf das BIP in seinem Portfolio korrekt bewerten? Wie wollen sich Investoren hedgen und swappen?

Einen Bond auf das BIP zu hedgen wäre ein teures Unterfangen. Als Hedgingpartner käme nur eine der sehr großen Investmentbanken in Frage. Diese könnte den Swap auch nur approximativ etwa mit korrelierten Zins- und Währungsoptionen und damit mit einem Restrisiko für die Investmentbank darstellen. Diese mit dem Risiko verbundenen Kosten würden in den Preis des Swaps mit einfließen und den Hedge teuer machen. Diese Kosten würden sich wiederum auf die Rendite der Anleihe auswirken. Am Ende trägt der Anleihenkäufer die Kosten, und der Bond wird möglicherweise nicht mehr attraktiv gegenüber anderen Alternativen.

Soviel zur technischen Konstruktion und der Frage des Hedgings von GDP Bonds. Aber machen sie ökonomisch überhaupt Sinn, oder sind sie einfach nur ein Marketing-Gag?

Eine vernünftige, staatliche Finanzierungsagentur swappt ihre strukturierten Anleihen in der Regel gegen einen variablen Zins, also Libor oder im Fall von Euro-Emittenten auf Euribor. Nur selten werden Emissionen mit sogenannten „exotischen“ Komponenten offen gelassen. Das exotische Risiko passt in der Regel nicht in das Zinsmanagement der staatlichen Agenturen.

Sollten GDP Bonds nicht nur als Marketing-Gag im Retailbereich dienen, müsste der Emittent aber das Zinsrisiko des strukturierten Bonds unabgesichert lassen. Eine nicht abgesicherte Digitalstruktur ist riskant. Das wiederum bietet Anreize, wie schon der Economist in seinem Artikel anmerkt, dass Staaten ihre Wachstumszahlen entsprechend manipulieren, um Zinsen zu sparen. Anstatt wie in unserem Beispiel ein Wachstum von 5,01% festzustellen, sagt der Staat, das Wachstum hätte bei 4,99% gelegen. Oder eben das Wachstum lag bei 1,99% anstatt 2,01%.

Ob Griechenland mit GDP Bonds tatsächlich viele Investoren locken kann?