Überall sind Kommunen auf der Suche nach Geldquellen

Kommunen auf der ganzen Welt vereint die ständige Frage nach der besten Finanzierung. Nicht nur in Deutschland kämpfen vielerorts Städte und Gemeinden um ihre Budget und darum, neben ihren Personalausgaben, dem Erhalt der Infrastruktur und ihren vielen sozialen Verpflichtungen vielleicht doch noch den Industriepark, das Schwimmbad oder die Sportarena finanzieren zu können. Die Quadratur des Kreises versuchen Kommunen in Asien genauso wie in Amerika oder Europa.

Ideen gibt es viele, das Geld reicht in der Regel aber nicht

In der Regel haben Kommunen wunderbare Ideen, wie sich ihr Standort schöner, besser, erfolgreicher machen ließe. Wäre da nur nicht immer die Sache mit dem Geld, welches nie in ausreichender Menge vorhanden ist, um all die tollen Pläne zu realisieren.

Gerade der Bau großer Sportstadien kann Kommunen langfristig ruinieren

Der Bau eines Stadions war schon immer unglaublich teuer, und es ist kein Zufall, dass viele der Städte, in denen sich große Fußballclubs befinden, bis über beide Ohren verschuldet sind. Die Stadien müssen teuer gebaut, mit der nötigen Infrastruktur versorgt und dann laufend erhalten werden. Das verschlingt Unsummen und treibt so manche Stadt in ein finanzielles Desaster. Doch die jeweiligen Sportclubs und Vereine können das nötige Geld meist nicht aufbringen. Also muss die Kommune einspringen, entweder direkt oder indirekt über Garantien. Beides kann die Bürger teuer zu stehen kommen.

Andere Länder, andere Lösungen

Die Suche nach kreativen Lösungen zu kommunaler Finanzierung führt zu sehr individuellen Formen der Finanzierung. Eine seit langer Zeit erfolgreich etablierte Möglichkeit, große Projekte stemmen zu können, finden wir etwa in den USA und Großbritannien. Dort haben sich Kommunen und Sportvereine deshalb eine ganz eigene Art der Finanzierung ausgedacht: Sporting Debentures (im UK) und Personal Seat Licences (in den USA).

Investoren zahlen den Stadion-Bau

Debenture, das ist eine Schuldverschreibung. Bei einer klassischen Schuldverschreibung erhält der Anleger laufend Zinsen für das Kapital, das er zur Verfügung stellt, und am Ende der Laufzeit sein Geld zurück. Nicht so jedoch bei den Sporting Debentures. Hier stellt der Investor ebenfalls Kapital zur Verfügung. Dieses wird für den Bau oder die Renovierung einer bestimmten Sportstätte verwendet. Als Gegenleistung erhält der Investor über die Laufzeit der Debentures das Recht, eine gewisse Anzahl an besonders guten Tickets für das Stadion zu beziehen. Meist gibt es am Ende auch kein Geld zurück, oder nur einen symbolischen Wert.

Sporting Debentures werden laufend begeben

Dabei werden die Sporting Debentures, also die Schuldverschreibungen auf Stadien, am laufenden Band begeben. Schließlich müssen Stadien alle paar Jahre renoviert, erweitert und aktualisiert werden, um den ständig steigenden Anforderungen an Eventstätten gerecht zu werden.

Für Wimbledon etwa hat der All England Lawn Tennis Club die neuen Debentures, die von 2017 bis 2021 laufen mit einem Wert von 31.000 Pfund festgelegt. Nicht gerade ein Schnäppchen! Die alle fünf Jahre neu begebenen Schuldverschreibungen finden trotzdem guten Absatz, denn der Tennisfan sichert sich damit nicht nur die besten Plätze für die gefragtesten Matches, sondern hat gleichzeitig auch Zugang zu Bars, Restaurants sowie den Parkplätzen von Wimbledon. Zinsen gibt es keine.

In Großbritannien seit über 100 Jahren Tradition

Dabei ist die Idee von Schuldverschreibungen für Sportstätten nicht neu. Wimbledon wendet das Prinzip seit 1920 an. Aktuell hat Wimbledon 1.000 Plätze, die über Debentures vergeben werden. Die Tickets der Debentures dürfen ganz legal weiter verkauft werden, und die Debenture selbst wird ebenfalls gehandelt. Zudem hat man als Besitzer einer aktuellen Schuldverschreibung ein Vorkaufsrecht für die nächste Emission. So hat sich eine Assetklasse für sich entwickelt, die zudem zahlreiche Vermittler und Broker ernährt. Denn neben Wimbledon haben auch diverse Football und Rugby Clubs in Großbritannien Sporting Debentures begeben. Dabei erhalten die Besitzer der Debentures neben Sporttickets auch Karten für Musik- und andere Veranstaltungen im jeweiligen Stadion, und auch der Zugang zur VIP Lounge sowie ein Platz in der Parkgarage sind begehrte Extras.

Nicht nur auf Sportstätten beschränkt

Dabei ist diese Art der Finanzierung nicht nur auf Sportstätten beschränkt. Schon im Jahr 1871 wurde die berühmte Londoner Royal Albert Hall über den Verkauf von Pachtverträgen über 999 Jahre finanziert. Insgesamt sind 1.200 Plätze in der Royal Albert Hall über diese „Leases“ vergeben. Die Tickets dürfen weiter verkauft und die Leases selbst vererbt und verkauft werden.

Auch für Deutschland eine Möglichkeit?

Wäre diese Art der Finanzierung auch in Deutschland oder Österreich denkbar? Warum auch nicht. So könnten sich Kommunen aus der Finanzierung großer Projekte wie dem Bau eines Stadions, einer neuen Schwimmhalle, eines großen Theaters (Philharmonie) zurückziehen. Den Bau und den Betrieb könnte ein Verein oder eine ausgelagerte Gesellschaft übernehmen. Die Finanzierung würde über Schuldscheine laufen, die anstatt Zinsen ihre Gläubiger mit Tickets und Sonderkonditionen belohnen. Oder wie wäre es, sich am Bau eines Altenheims zu beteiligen? Anstatt satter Zinsen erhält der Investor am Laufzeitende einen Platz zu Sonderkonditionen garantiert. Der Platz könnte, wenn ihn der Investor nicht selbst benötigt, auch weiter gegeben oder verkauft werden.

Großprojekte nur für erstklassige Stätten mit genug Nachfrage

Die Machbarkeit einer projektbasierten Schuldverschreibung dürfte sich an der Nachfrage festlegen. Denn häufig dürften diese Arten von Anleihen wohlhabende Käufer und Unternehmen anziehen. Diese sind vor allem in großen, wohlhabenden Städten zu Hause. Eine große Philharmonie in München oder Berlin dürfte hier bessere Chancen haben als ein neues Fußball-Stadion in einer Kleinstadt. Die entsprechende Begeisterung und Fan-Basis muss ebenfalls auf Dauer vorhanden sein. Denn die Anleihen laufen irgendwann aus, und um die weitere Finanzierung sicher zu stellen, benötigt man Anschlusskäufer. Zudem muss die Anzahl der vorhandenen Anleihen entsprechend groß sein, um überhaupt einen Handel in Schwung zu bringen. So gibt es auch in Großbritannien Fälle, in denen Sporting Debentures nicht geklappt haben. In 2010 versuchte die britische Donington Motor Rennstrecke, eine Modernisierung über Debentures zu finanzieren, konnte dafür aber nicht genügend Käufer finden.

Kleinere Projekte mit Bürgerbeteiligung

Doch es ist sicher auch denkbar, kleinere Projekte mit Bürgerbeteiligung zu finanzieren. Bürger könnten sich durchaus für die Finanzierung einer neuen Schwimmhalle interessieren. Zusätzlich zu einer kleinen Verzinsung erhält der Gläubiger eine gewisse Anzahl Saisonkarten. Oder der Bau eines neuen Theaters, für das der Anleihekäufer Tickets für Vorstellungen erhält. Eine Mischung aus geringer Verzinsung und zusätzlichen Tickets könnte durchaus attraktiv wirken. Als weiteres Argument dient hier auch immer die Förderung der regionalen Kultur und Infrastruktur. Wer will schon jedes Mal 100 Kilometer zum nächsten Theater fahren müssen?

Frische Ideen für frische Projekte

Wie man sieht muss man für die Finanzierung großer Projekte, die einen gewissen gesellschaftlichen Wert haben, nicht immer die klassischen Wege der Bankkredite und kommunalen Bürgschaften gehen. Die Welt der Finanzierung bietet hier durchaus andere Möglichkeiten und Platz für Kreativität.