WertpapiereNutzt mehr Vielfalt bei Aktien, Anleihen & Co, oder schafft sie Verwirrung?

Die Aktie gilt als langweilig, standardisiert und einfach zu verstehen. Doch ganz so einfach ist es plötzlich nicht mehr. Kürzlich hat Toyota eine neue Gattung der Aktie „erfunden“. Eine Art Mischung aus Wandelanleihe und Aktie wurde abgesegnet, die sogenannten „Model AA“ Aktien.

Die neuen „Model AA“ Aktien von Toyota sind in mehrerlei Hinsicht einzigartig:

  • Sie werden nur an Japaner verkauft.
  • Sie besitzen ein Stimmrecht wie Aktien.
  • Sie haben eine zwingende Behaltefrist von 5 Jahren.
  • Sie sind nicht börsengelistet. Aber da sie ohnedies in den ersten fünf Jahren nicht verkauft werden dürfen, wäre ein Börsenlisting nicht wirklich relevant.
  • Sie bezahlen eine garantierte Dividende.
  • Nach den fünf Jahren kann die Aktie entweder zum Nennbetrag an Toyota zurück verkauft werden oder in normale Aktien des Unternehmens gewandelt werden. Bis hierher sind die neuen Aktien noch ähnlich einer Wandelanleihe. Oder der Investor behält die „Model AA“ Aktien einfach weiter und kann wenn er möchte zu einem späteren Zeitpunkt wandeln oder die Aktien zum Nennbetrag zurückgeben. Diese unbegrenzte Laufzeit unterscheidet die neue Aktiengattung wiederum von einer Wandelanleihe.
  • Toyota hat das Recht, die Aktiengattung zurückzukaufen, erstmals ausübbar nach fünf Jahren . Eine Aktie mit Kündigungsrecht durch die Emittentin!
  • Der Weiterverkauf der „Model AA“ Aktien ist beschränkt.
  • Damit die Stammaktien durch die neuen „Model AA“ Aktien nicht verwässert werden, wird im gleichen Verhältnis der Emission der „Model AA“ Aktien ein Rückkauf von Stammaktien durchgeführt.

Warum macht Toyota das?  Das Unternehmen behauptet, sie wollten damit die Aktionärsstruktur verbessern. Toyota bevorzugt geduldige Langfristinvestoren gegenüber kurzfristig und profitorientierten „Aktivisten“. Zudem wollen sie mit der Kapitalgarantie auch risikoaverse Retail Investoren ansprechen. Die Garantie, die Aktien nach fünf Jahren zum Ausgabekurs zurückzukaufen, wird übrigens zumindest zum Teil dadurch finanziert, dass die garantierte Dividende unter den durchschnittlichen Dividendenzahlungen der Stammaktien liegt.

Kritiker fragen sich, warum die neue Aktiengattung nur an Japaner verkauft wird, und nicht international? Und warum begibt das Unternehmen nicht einfach eine Wandelanleihe? Vor allem US-amerikanische Großinvestoren kritisieren, dass dadurch die Kontrolle des Managements durch die Aktionäre geschwächt wird.

Generell stellt sich die Frage, ob eine Individualisierung hilfreich sein kann. Schließlich könnte dann jeder Investor und jedes Unternehmen genau das ideal auf ihn passende Konzept wählen.

Andererseits verwirrt eine zu große Vielfalt. Die Welt wird schnell zu komplex. Und gerade die Liquidität der Aktienmärkte lebt von der Standardisierung und weltweit halbwegs einheitlichen Standards. Die Komplexität, die eine Individualisierung mit sich bringt, kann man sehr schön bei strukturierten Anleihen sehen. Bei vielen Produkten blicken nur noch wenige Experten durch die komplizierten Formulierungen und mathematischen Formeln, was sowohl die Bewertung als auch den Handel mit diesen Papieren enorm erschwert. Maßgeschneiderte Lösungen durch Financial Engineering mögen im Fixed Income Bereich noch in dem ein oder anderen Fall Sinn machen, aber wollen und vor allem brauchen wir die gleiche Entwicklung auch im Aktienbereich?

Wie immer im Markt soll aber gelten: Die Nachfrage schafft das Angebot. Wenn es genügend Kaufinteressenten gibt, werden solche Innovationen auch im Aktienbereich angeboten werden.